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Ivan der Schreckliche und Ehrenfriedhof Kuriosum in Moskau

Von Bayern nach Russland - Reise-Erlebnis Moskau mit Highlights

Das märchenhafte Nowodewitschi-Kloster mit ernüchtender Geschichte

Russland
Wie aus einem russischen Märchenbuch mutet optisch das Nowodewitschi-Kloster an

Der erste Tag unserer Russland-Reise im September 2014 war gespickt von Eindrücken der Sehenswürdigkeiten, die uns eine erfahrene Reiseleiterin in Moskau, der Stadt der Gegensätze, näher brachte. Nachdem wir den Kreml hinter uns ließen, stand das Nowodewitschi-Kloster auf dem Plan, das an einer Biegung des insgesamt 502 Kilometer langen Flusses Moskwa vor uns auftauchte. Das Bau-Ensemble ist von seltener Eleganz und Magie. Die Zwiebelkuppeln, die Klosterbauten hinter seinen Zinnen gekrönten Mauern mit einem Dutzend Wachtürmen muten einem bebilderten russischen Märchenbuch an. Dessen Geschichte ist nicht so traumhaft, wie man es ihm zutrauen möchte. Ivan der Schreckliche, der erste Moskauer Großfürst, der sich selbst zum Zaren von Russland krönte, zwang die Witwen von aufsässigen und deshalb hingerichteten Bojaren in das im 16. Jahrhundert erbaute Kloster einzutreten und ihren gesamten Besitz der Kirche zu übergeben. Später traten Zarinnen und Zarentöchter -mal mehr oder weniger freiwillig - in das Kloster ein. So wurde das Neujungfrauenkloster im Laufe der Zeit zum reichsten Kloster in Russland, dem 36 Dörfer und ein Landsitz von 179.000 Hektar angehörten. Unter Staatschef Leonid Breschnew wurde das Nowodewitschi-Kloster restauriert und renoviert. Seit 1994 leben wieder Nonnen in den historischen Gemäuern.

Wegen seines als Moskauer Barock bekannten Baustils und seines hervorragenden Zustands wurde es in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Auch weil es sich wunderbar mit dem Kreml ergänzt. Zusammen stellt es eine wichtige politische und kulturelle Einheit dar.

Kuriose und skurrile Grabdenkmäler russischer Prominenz

Andere Länder, andere Sitten dieses deutsche Sprichwort trifft es, wenn es um die russische Begräbnistradition geht.Wir haben uns vor Ort davon überzeugt, als wir den an das vorhin beschriebene Neujungfrauenkloster angrenzenden Prominenten-Friedhof Nowodewitschi besuchten. Man hatte dort keinesfalls den Eindruck, dass es sich hier ausschließlich um einen Ort der Trauer und der Stille handelt. Im Gegenteil. Die Lebendigkeit der Steintoten ist förmlich zu spüren. Was manche als Kitsch abtun, ist eine Ehrerbietung an die Verstorbenen, die zu Lebzeiten geliebt, verehrt und umjubelt waren. Ihre Berühmtheit erlangten sie auf ganz verschiedene Art und Weise. Die ganz spezielle Lebensbilanz spiegelt sich in den riesigen Steingebilden wider und verleiht ihnen, je nach Kunstfertigkeit des jeweiligen Steinmetzes , die Individualität, mit der sie im Leben geglänzt und gepunktet haben. Politiker und Gangster, Schauspielerin und Zirkusdirektor, Musiker und Tänzerin, Sportler und Artist, Forscher und Erfinder, Maler und Fotografen, echte Künstler und Lebenskünstler und viele Verstorbene mit Rang und Namen liegen hier Seite an Seite in ihren letzten Ruhestätten. Lebensgroß und mit typischen Erkennungsmerkmal dargestellt, empfangen die Steintoten als Skulptur ihre staunenden Besucher. Man mag darüber schmunzeln oder die Stirn runzeln. Aber gerade wegen dieser Kuriositäten werden die Hingeschiedenen unsterblich. Sie machen auch nach dem Tod noch von sich reden und sind nicht vergessen. Mich haben diese Grabsteine, von denen nicht einer wie der andere ist, sehr beeindruckt. Man kann sagen, es ist ein sehenswerter Kriwuskrawus-Friedhof. Abgesehen davon haben wir Deutsche, was Totengedenken anbelangt, auch so unsere Macken. Da muss man sich nur den Hype anschauen, der an Allerheiligen betrieben wird, wenn es um das größte, teuerste, schönste und originellste Grabgesteck geht. Ein Gradmesser, wie man seine verstorbenen Angehörigen in Ehren hält, ist dieses Gebaren sicher nicht. Meines Erachtens sollte man seine lieben Verstorbenen vorrangig im Herzen tragen. Nur einmal im Jahr ans Grab zu gehen und gekaufte Aufmerksamkeit zu erhaschen, ist nicht mein Ding.

Namhafte Russen haben sich im Nowodewitschi Friedhof individuelle Denkmäler gesetzt