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Ist's an Lichtmeß hell und rein - Bauernregeln damals

Bayern, Heimat, Tradition, Brauchtum - gestern, heute, morgen

An Lichtmeß werden die Tage wieder länger. Es naht der Winterkehraus.

Tradition und Brauchtum
Die Dienstboten, egal ob männlich oder weiblich, hatten bei den Bauern schweißtreibende Arbeiten zu verrichten

Ist's an Lichtmeß hell und rein, wird's ein langer Winter sein!, lautet eine alte bayrische Bauernregel. Da kommt Freude auf, oder? Aufgrund der Erfahrungen, die diese überlieferten Weisheiten beinhalten, fürchte ich tatsächlich, dass der Winter noch die eine oder andere Überraschung bereit hält.

Lichtmeß war früher in anderer Hinsicht ein markanter Tag; sowohl im bäuerlichen als auch im kirchlichen Jahreskalender. Bis 1912 war der 2. Februar -der 40. Tag nach Weihnachten - ein offizieller Festtag. Meine Mutter, die aus einem kleinen landwirtschaftlichen Anwesen stammt, erzählte mir immer , dass an Lichtmess in der Stube Rosenkranz gebetet wurde. Lichtmess wurde als Fest der geweihten Kerzen und des Lichts gefeiert. Schließlich werden die Tage wieder deutlich länger. Während es am 26. Dezember (Stephanitag) nur ein Mückenschritt war, so ist es an Neujahr schon ein Hahnentritt. Sechs Tage später, am Hl.Dreikönig-Tag sprach man von einem Hirschensprung  und bis Lichtmeß ist es bereits eine Stunde, wo es länger hell ist.

 

Bildunterschrift: Meine Mutter (links) bei der schweißtreibenden Arbeit des Dreschens

Ohne Knechte und Dirnen lief nichts. Dienstboten waren unerlässlich

Wie Adelige, so waren auch die großbäuerlichen Betriebe auf Knechte und Mägde, die man auch als "Ehalten" bezeichnete,  angewiesen. Was sich heute etwas anrüchig anhört, bezeichnete man damals eine Landwirtschafts-und Haushaltshelferin als ,,Dirn", die sich von der  Rangstufe ,,Unter"- zur "Oberdirn" hocharbeiten konnte. Bei den Knechten war es genauso. Da die Familien meist sehr kinderreich waren und selbst die kleinen ,,Sacherl" nicht so viele Mäuler satt kriegen konnten, schickte man, obwohl auch daheim jede helfende Hand gebraucht wurde, heranwachsendende Jugendliche in den Dienst zu den Großbauern. Meiner Mutter ist es so ergangen. Sie war das siebte Kind von insgesamt zehn und war knapp 13 Jahre als sie meine Oma an die Hand nahm, bepackt mit den wichtigsten Utensilien, um sie zu einem Bauern in der Nähe von Wasserburg am Inn zu bringen. Den ganzen Weg dorthin haben beide geweint, weil sie wussten, dass sie sich lange Zeit nicht mehr sehen konnten. Aber es half alles nichts - obwohl sie eigentlich noch ein Kind war -  musste sie sich den Lebensunterhalt selbst verdienen. Das Heimweh war stark und die Tränen viele, als sie nach getaner Arbeit todmüde in den Strohsack sank. Da nach einem Jahr am Lichtmesstag die Entscheidung fiel, ob man bleiben oder gehen wollte, war sie noch auf einigen Höfen in Stellung, bevor sie wieder Zuhause gebraucht wurde. Nicht überall wurde sie gut behandelt.

 

Mama erzählte mir einmal, dass sie jeden Morgen um 5 Uhr aufstehen und die Kühe melken musste. Als sie mal verschlafen hatte, verpasste ihr der Bauer eine saftige Watschn (Ohrfeige) und ein anderer unternahm den Versuch, bei ihr zu fensterln, hatte dann anscheinend doch Angst, dass sie ihn bei der Bäuerin verraten könnte und ließ es sein. Doch auch gute und fürsorgliche Menschen waren dabei, die ihre Überlegenheit nicht ausnutzten. So durfte sie sogar einige Zeit in der Stube essen. Im Allgemeinen mussten die Dienstboten in der Küche die Mahlzeiten einnehmen. Es gab wenig Fleisch und vom einfachsten Essen auch nicht immer genügend, um satt zu werden. Oft ging sie hungrig ins Bett.

Arbeiten, um satt zu werden. Nicht immer war das Essen gut.

Tradition und Brauchtum
Die Dienstboten löffelten ihre Suppe aus einer Schüssel.

 Apropos Essen. Da ich seit 22 Jahren in Niederbayern wohne, möchte ich natürlich auch die hiesige, damalige Lebensart ansprechen. Im Altbayerischen Kochkalender des Verlags Attenkofer Straubing heißt es unter anderem: Maria Lichtmeß war ein bedeutender Bauernfeiertag. Hier aßen die Bauern zu Mittag Ritschiknödel und Geselchtes. Das Geselchte wurde nicht gebraten, sondern gesotten. Dabei legte man die Knödel zum Geselchten ins Wasser. So entstand als Vorspeise eine gute Knödelsuppe. Die Dienstboten erhielten am Lichtmeßtag ein größeres Stück Geselchtes, als an anderen Feiertagen. Nicht wegzudenken waren die goldgelben Küchel. Sie wurden besonders groß gebacken und vielerorts an Eltern und Geschwister der Dienstboten verschenkt.

Suppe, Fleisch, Knödel, Kartoffel, Mehlspeisen - alles was Stall, Feld und Garten hergaben, wurde gemeinsam aus einer großen Schüssel oder aus einem Reindl gelöffelt. Weggeschmissen wurde damals nichts, alles wurde verwertet und die einfachen Gerichte, ohne viel Gewürze und Schnickschnack wurden gut vertragen. Von Lebensmittelunverträgichkeiten, Intoleranzen und Allergien ist meines Wissens nichts bekannt. Ich bin zwar Nachkriegsware, aber selbst aus meiner Zeit habe ich nichts dergleichen in Erinnerung. Selbst in Kriegszeiten wussten gute Hausfrauen, mit wenig Zutaten etwas schmackhaftes auf den Tisch zu zaubern.

Lichtmeß war Zahl-und Zeugnistag der Dienstboten

Mägde und Knechte hatten meist ein befristetes Arbeitsverhältnis. Es endete am 2.Februar, dem Lichtmesstag, Der vereinbarte Jahreslohn, der nicht hoch war, wurde bar ausbezahlt. Desweiteren gab es für die weiblichen Dienstboten Kleiderstoff, Schürzen oder Kopftücher. Für die männlichen Unterwäsche oder Sonntagshemden. Einen Anspruch auf ein Zeugnis gab es nicht, der Satz bis Lichtmess treu gedient war des Lobes genug und eine gute Referenz für den nächsten Bauern, der Dienstboten einstellte. Der Lichtmesstag war von allen, die das ganze Jahr über geschuftet haben, herbeigesehnt. Denn danach folgten die Schlenkeltage, die ein wenig Auszeit, Frohsinn und Erholung bedeuteten, bevor es wieder von vorne los ging.