· 

Vergangenheit und Erinnerungen im Flohmarkt verscherbelt

Bayern, Heimat, Tradition, Brauchtum - gestern, heute, morgen

Fotograf August Sander fotografierte unverstellte Menschen

August Sander wurde  als Meister der Fotografie bekannt. Vergilbte Bilder spiegeln die Vergangenheit wider.
Vergilbte Fotos holen die Vergangenheit zurück. die allerdings manchmal auf dem Flohlmarkt landet.

Heute habe ich beim Bügeln zufällig eine Fernsehsendung über August Sander (1876-1964) gesehen, der einer der wichtigsten Fotografen des 20. Jahrhunderts war. Sein Wirken und seine Werke haben mich sehr beeindruckt, denn er legte allergrößten Wert darauf, dass die Menschen - angefangen vom reichen Industriellen bis hin zum mittellosen Obdachlosen - nicht aufgezwängt in die Kamera lächelten, sondern lediglich in ihrer Tätigkeit innehielten, der sie sich gerade widmeten. Sander war fasziniert von  aussagekräftigen Gesichtszügen und der induviduellen Persönlichkeit seiner Protagonisten. Seinem Gegenüber auf Augenhöhe zu begegnen und sie so abzulichten, dass sie dabei niemals ihre Würde einbüßten, gehörte für ihn zur Selbstverständlichkeit. Er bevorzugte dabei vielmehr das jeweils natürliche Umfeld der Menschen, als dass er sie in sein Fotografen-Atelier bat. Er selbst kam aus einfachen Verhältnissen und wuchs in einem kleinen Dorf im Bergbau geprägten  Westerwald auf. Obwohl Sander schon in jungen Jahren Interesse am Fotografieren hatte, musste der Sohn eines Grubenzimmerhauers im nahe gelegenen Bergwerk arbeiten. Als er von seinem Onkel das Geld für seine erste Fotoausrüstung geschenkt bekam, realisierte er seine Leidenschaft, indem er in seiner Heimat von Haus zu Haus ging und fragte, ob er ihre Bewohner mit seinem neuen Apparat fotografieren dürfe. Nicht überall klappte es, aber er gab nicht auf. Er lieferte die gelungenen Ergebnisse "frei Haus", machte sich allmählich damit einen Namen und war schließlich als ,,Meister seines Faches" allseits bekannt. Sich dem Wandel der Zeit und der stetigen Entwicklung fotografisch anzupassen, verschaffte ihm, trotz zeitweiliger Rückschläge durch Kriegswirren und andere Hindernisse, letztendlich den Bekanntheitsgrad, den er sich redlich verdiente. Seine photographische Sammlung beziehungsweise ausgewählte Arbeiten sind in großen Museen der Welt und Ausstellungen zu bestaunen.

Eine digitale Fotodatei  kann einen Fotoalbum nicht ersetzen

Ein Besuch bei der Verwandschaft war ein Foto wert. Für heutige Generationen holt ein solches Bild die Vergangenheit zurück
Familie und Verwandschaft wurde nur zu heiligen Zeiten fotografiert. Das entwickeln dauerte oft lange und war teuer.

Ich persönlich finde Schwarz-Weiß-Fotos, die durch die UV-Strahlung mit den Jahren bräunlich geworden sind, schöner als farbige, die oft grell und schrill wirken. Die vergilbten Bilder spiegeln die Vergangenheit und die Spuren, die die Zeit hinterlässt, sehr nostalgisch wider. Fotos, die fünfzig und sechzig Jahre alt sind, weisen die typische Charakteristik auf, die man ,,Sepia" nennt. Früher überlegte man sich sehr genau, wen, was und weswegen man fotografierte, als man noch den Film einfädeln musste, der sich von Foto zu Foto aufspulte, bis er voll war. Danach musste man diesen zum Entwickeln bringen. Wer in einem kleineren Ort wohnte, musste damit warten, bis man wieder Gelegenheit hatte, ihn in einem Fotogeschäft in der Stadt abzugeben. Danach vergingen zwei bis drei Wochen, bis man die Aufnahmen wieder abholen konnte. Waren Fotos mißlungen, war dies sehr ärgerlich, denn dieses Hobby war schon etwas kostspielig. Aber trotzdem sind die in einem Fotoalbum mit viel Liebe eingeklebten Bilder interessanter. Zum einen, weil man sie gemütlich auf der Couch im Wohnzimmer anschauen kann. Zum anderen, weil man zum Betrachten der digitalen Fotos, von denen mal meist viel zu viel ,,schießt",  entweder Computer, Notebook oder Tablet hochfahren muß. Wer meint, dass diese ein Werk für die Ewigkeit sind, der irrt gewaltig. Die Zeit wird immer schnelllebiger. Dementsprechend ändern sich die Speichermedien. Ich weiß noch, als ich zu Beginn meiner Pressetätigkeit, die Fotos für die Zeitung auf Disketten gespeichert hatte. Darauf hatten natürlich nur wenige Platz. Danach folgten die CD's, die 700 MB Speicherkapazität hatten und dann die schon eine Menge Gigabyte USB-Sticks, die ich noch aktuell als Wechseldatenträger verwende. Gibt das Speichermedium unverhofft den Geist auf, ist unter Umständen alles weg. Wer keine Kopien davon gemacht hat, hat schlechte Karten, diese ohne hohen Kostenaufwand wiederherzustellen. Schon deswegen ist mir der gute, alte Fotoalbum lieb, aber im Gegensatz zu den Digitalspeichermedien, nicht teuer.

Wenn die Ahnen ahnen würden, wo ihre Bilder landen

Vor allem aber sind die früheren Schwarz-Weiß-Fotos unwiederbringliche Zeugnisse der Vergangenheit. Deswegen sollten man sie der Nachwelt erhalten. Man kann sich wortwörtlich "ein Bild davon machen", wie die Menschen früher gelebt, ausgesehen und wie sie sich gekleidet haben. Vor einiger Zeit, als ich über einen Flohmarkt geschlendert bin, sah ich einen alten Bilderrahmen, den ich hübsch fand. Darin befand sich ein Schwarz-Weiß-Foto, auf dem ein Mann und ein Mädchen auf einer kleinen Bank sitzend, abgebildet war. (Siehe Foto oben). Da ich ein Faible für nostalgische und vergangenheitszugewandten Dinge habe, erwarb ich diesen für wenig Geld. Erst zuhause machte ich mir Gedanken, wie zum Beispiel:  "Wer waren die zwei, wann und wo haben sie gelebt haben. Waren es Angehörige, die für dieses schöne Bild keine Verwendung hatten und ihre Ahnen und damit die Familienvergangenheit einfach auf dem Trödelmarkt verscherbelten, um Zuhause Platz zu schaffen?" Ich will damit beileibe niemand kritisieren, das stände mir gar nicht zu. Bewusst wurde mir allerdings damit, dass manche Leute -und das meine ich ganz allgemein - der derzeit lebenden Generationen offensichtlich meinen, sie hätten die Welt für sich gepachtet. Vor ihnen und nach ihnen gab und gibt es nichts. Dabei waren es die Vorfahren, die sich den verschiedenen und sich ändernden Herausforderungen der jeweiligen Zeit genauso stellen mussten, wie die heutigen Generationen. Die Nachfahren haben es bestimmt auch nicht leicht, ihren Aufgaben der Weiterentwicklung gerecht zu werden. Kriege, Krisen, Krankheiten und dergleichen mehr, erschwerten dies immer wieder. Wenn ich das Foto mit den unbekannten Personen ansehe, würde ich gerne von ihnen wissen, was sie sagen würden, wenn sie

einen Blick in die Welt von heute machen könnten, die sich im letzten Jahrhundert in punkto Technisierung und Mechanisierung schneller als jemals zuvor weiterentwickelt hat. Vielleicht lebt ja das Mädchen noch und möglicherweise erkennt ja jemend seine Mama, Oma oder Urgroßoma auf dem Bild, die vermutlich neben ihren Papa sitzt.